Verhaltensbeispiele bei Krisensituationen an Schulen

Dejan Pavlovic

Gefahr muss nicht immer sofort erkennbar sein
Wenn man über mehr Sicherheit an Schulen spricht, wird oft nur über AMOK, Mobbing oder Krisenfälle an Schulen geredet. Selbstverständlich darf dieser Bereich nicht vernachlässigt werden und gerade in den letzten Jahren wurde viel in dieser Hinsicht getan. Aber neben der generellen Sicherheit, wo Täter die Gefahrenquellen sind, werden natürlich auch viele andere Bereiche eher vernachlässigt oder ganz vergessen.

Sicherheitsmanagement bedeutet nicht nur Sicherheit managen.

Sicherheit und Fehlverhalten
Neben der generellen Sicherheit, d.h. was kann die Polizei und die Feuerwehr tun, um in Krisenfällen schnell zu reagieren, gibt es eine Vielzahl von weiteren wichtigen Punkten, die man beachten, vorbereiten und pflegen muss.

In unseren vorherigen Blogs haben wir zu diesen Themen ausführliche Beiträge geschrieben, die Sie gerne nachlesen können. Gerade für mehr Sicherheit an Schulen, haben wir einen ausführlichen Beitrag geschrieben. Dort beschäftigen wir uns mit der Wahrnehmung und dem Verhalten bei Gefahr. Auch einige Schwachpunkte werden anhand von Szenarien beschrieben, die gerade für Verantwortliche von größerem Interesse sind.

Aber oft werden auch Krisen ohne Absicht herbeigerufen. Gerade die Eindämmung von Fehlinformationen oder Missverständnisse sollten beim Krisenmanagement auch berücksichtigt werden. Ein offensichtliches „Fehlverhalten“ eines Schülers oder einer Schülerin muss nicht sofort eine Gefahrensituation herbeirufen und an die Öffentlichkeit gelangen. Eine gefundene Notiz, Gerüchte oder Schmierereien an der Wand müssen schnell hinterfragt und aufgeklärt werden, um den Schulalltag nicht unnötig zu stören. Oft hilft es dabei den jeweiligen Polizeibeamten, der für die Schule zuständig ist, zu kontaktieren. Die geschulten Polizeibeamten wissen was zu tun ist und wie man am besten in solchen Situationen vorgeht. Eine panikartige Reaktion der Schulleitung sollte vermieden werden. Auch zu schnell mit Informationan an die Öffentlichkeit zu treten, kann eine ungewollte negative Kettenreaktion auslösen. Gerade die Sozialen Medien und Kommunikations-Apps zeigen, dass ein missverstandener Satz oder sogar ein Wort die gesamte Situation unbeherrschbar macht.

Natürlich muss man klar nach außen kommunizieren, aber immer sachlich und bedacht vorgehen. Mutmaßungen oder Spekulationen sind in diesem Fall eher destruktiv und führen oft zu katastrophalem Aktionismus, was zerstörerisch auf Menschen einwirken kann. Denn ein Gerücht oder eine Fehleinschätzung kann man gerade in unserer Gesellschaft schlecht wieder rückgängig machen. Oft erzeugt ein Fehlurteil mehr Schaden als die Krisensituation selbst.

Gefahr kommt nicht nur von einer offensichtlichen Gefahrenquelle.

Verhaltensbeispiel 1

Wie verhält man sich in einer Krisensituation, wenn gerade die Pause stattfindet und die Schüler sich auf dem Pausenhof befinden?

In Krisenteams der Polizei wurden schon viele Fälle mehrmals besprochen und sehr viele Szenarien durchgespielt. Bei einer AMOK-Situation (außer bei einem Feueralarm), ist es erforderlich, dass die Räume verschlossen, verbarrikadiert und alle Personen sich in einen „schusssicheren“ Bereich begeben.

Dieses Verhalten ist während einer Pause kaum möglich.

Während einer Pause wird geraten, dass die Pädagogen, die die Pausenaufsicht haben, sich gemeinsam mit den Schülern umgehend in den nächstgelegenen Raum begeben und diesen von innen verschließen. Ist das nicht möglich wird geraten, dass der Schulhof so schnell wie möglich geräumt wird und sich alle an bestimmte Sammelstellen begeben sollen. Fatal wäre, wenn die Schüler und Lehrer sich auf dem Schulhof verstreuen und sich beispielsweise in den Gebüschen verstecken würden.

In diesem Fall hätten die Rettungskräfte und auch die Polizei oder das Sondereinsatzkommando das Problem, dass die Bedrohungslage sehr schwer zu differenzieren ist. Jede Bewegung oder Aufschrecken der versteckten Schüler könnte ein Fehlverhalten der Einsatzkräfte hervorrufen. Auch wäre die Sicherung des Gebietes viel schwieriger, da der zu sichernde Bereich viel zu unübersichtlich ist und für die Fläche mehr Personal benötigt wird. Dagegen ist der Aufenthalt der Personen in Räumen viel überschaubarer und beim Einsatz besser planbar.

Die Pädagogen sollten Krisenszenarien theoretisch durchspielen, um im Notfall besser und sicherer reagieren zu können.

Verhaltensbeispiel 2

Wer ist Freund und wer ist Feind?

Oft wissen die Krisen-Teams bei den Rettungseinsätzen nicht, wer die Ansprechpartner in Krisensituationen sind. Gerade in weiterführenden Schulen, wo die Lehrer von den Schülern oft schwer zu unterschieden sein können, ist das Auffinden der Verantwortlichen um so schwieriger.

Die Pädagogen sind bei den Einsätzen (auch im Brandfall) meist die ersten und einzigen Ansprechpartner für die Rettungskräfte. Somit müssen diese Personen sehr schnell gefunden werden können, um die aktuelle Situation am Krisenort zu erfassen und auch die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Auch muss man klar erkennen, welche Erwachsenen (potenzielle Gefahrenquelle im Einsatz) zum Schulbetrieb gehören und welche nicht. Dabei hilft eine einfache Maßnahme: Warnwesten mit der Aufschrift „Lehrer“ würden in solchen Fällen eine enorme Erleichterung beim Einsatz bringen. Schüler, Eltern, Rettungsdienst und auch die Polizei könnten schon von Weitem erkennen, wer am Ort der Ansprechpartner ist.

Wenn weitere verdächtigte Personen auf dem Gelände sind, die solche Westen nicht tragen, wäre es für den Einsatz einfach diese Personen herauszufiltern.

Die Westen könnten beispielsweisein in jeder Klasse deponiert werden und würden von den Lehrkräften bei solchen Momenten getragen werden. Auch wäre das grundsätzliche Tragen solcher Westen bei der Pausenaufsicht sehr von Vorteil, da jeder fremde Erwachsene auf dem Gelände ohne diese Weste gleich auffallen würde.

Einfache Mittel erleichtern in Krisensituationen den Überblick.

Verhaltensbeispiel 3

Welcher Ton für welche Krise?

Kennen Sie die verschiedenen Notfallsignale bei Feuer-, Gas- oder Terroralarm? Wir nicht bzw. wir sind uns nicht sicher. Man kann die Polizeisirene, Feuerwehr oder auch den Rettungswagen mit viel Übung unterscheiden. Dies ist aber in der Schule nicht immer der Fall. Oft wird beim Krisenalarm an Schulen, wie z.B. beim AMOK-Fall eine besondere Ansage per Lautsprecher durchgesagt. Dies ist in der Regel nur für bestimmtes Personal sofort verständlich.

Es hat sich gezeigt, dass eine klare Ansage mit Verhaltensanweisungen bei Notfällen die bessere Lösung ist. Mittlerweile wurde bundesweit ein bestimmter Ansagetext entworfen und wird flächendeckend an Schulen weitergegeben. Leider gibt es aber immer noch Schulen, die diese Ansagen nicht haben bzw. nicht kennen. Wir hoffen, dass dies in der nächsten Zeit besser kommuniziert und dann auch von allen Schulen übernommen wird.

Generell sollte dieser Ansagetext niemals während dem Schulbetrieb getestet werden. Dieser sollte NUR im wirklichen Notfall angesagt werden!

Die Lehrkraft darf nicht in Panik geraten und die Schüler damit in Gefahr bringen.

Nun haben Sie einige Fallbeispiele kennengelernt, die an Schulen kommuniziert werden müssen. Mit dem Wissen für solche Krisensituationen können im Notfall die richtigen Entscheidungen getroffen und souverän gehandelt werden.

Gedankenspiele sind existenziell, um gerade bei Gefahrensituationen richtig zu reagieren. Oft ist der zuständige Lehrer in seiner Klasse bei solchen Krisenmomenten auf sich allein gestellt und sollte eigenständig die Gefahr und die nötigen Schritte selbst entscheiden. Denn es gibt dabei keinen Plan A oder B. Wichtig ist es nur, daß den Kindern eine sicher auftretende Lehrkraft zur Seite steht. Nur durch das Ausstrahlen von Zuversicht durch die Lehrkraft bleiben die Kinder ruhig und geordnet.

Wir hoffen, dass Sie nie in eine Krisensituation kommen oder einen Notfall an der Schule erleben.

Unser Farbleitsystem

Das Farbleitsystem ist ein Bestandteil der Krisenprävention an Schulen in Hessen. Gerade bei der Konzeption und Umsetzung des FLS-Systems werden die Schulen über der Thematik „Sicherheit“ und „Krisenmanagement“  informiert. Dadurch wird der Einstieg zur mehr Sicherheit an Schulen gefördert.

Das Farbleitsystem wird in den nächsten Jahren, ähnlich wie der heutige Brandschutz, an Schulen eingeführt und auch von den Architekturbüros angenommen werden, um Schulen sicherer zu machen.

About Dejan Pavlovic Designer, Media Consultant, Business Angel
Seit 1994 entwickele ich als Designer für Unternehmen nach dem Prinzip der “10 Heuristiken” Userinterfaces und Webseiten. Durch Zufall bin ich durch die Krisenfälle in Deutschland seit 2009 mit dem Thematik der Leitsysteme und Orientierung in Berührung gekommen. Entwickelt wurde dadurch das Farbleitsystem (FLS). Mittlerweile wird es bundesweit an Schulen und öffentlichen Gebäuden von uns realisiert. Gerne tausche ich mich mit Planern, Betroffenen, Kritikern oder Befürwortern aus und erkläre, was ich mir während der Entwicklung gedacht habe. Leider gibt es einige Menschen, die gerne ohne mein Wissen über die Vor- und Nachteile eines einheitlichen Systems urteilen und einen Dialog mit mir meiden, was ich sehr schade finde. Auch kann es sein, dass ich mit manchen Thesen am Ende nicht immer richtig lag oder auch manches aus meinem Blickwinkel anders interpretiere. Das ist menschlich und im Schaffensprozess natürlich. Daher freue ich mich über Gegendarstellungen und andere Erfahrungen. Ich lasse mich gerne überzeugen und ergänze dann das Gesamtbild.
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