Das Farbleitsystem für die erste Musterschule in Kriftel
Wir waren sehr überrascht, als wir am 30.06.2009 angesprochen wurden ein Leitsystem für Schulen zur besseren Orientierung in Krisenfällen zu entwickeln. Das Erste was wir taten, war zu recherchieren, ob es bereits ein passendes System auf dem Markt gibt und was es alles kann. Wir waren nach einigen Tagen verwundert, dass weltweit kein adäquates System existierte. Ein einheitliches Orientierungssystem für Gebäude, optimiert für Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr. Fokusiert auf Krisensituationen und dienlich für den alltäglichen Gebrauch für Besucher und Schüler. Eigentlich sehr einfach, aber doch nicht vorhanden. Erst später fanden wir heraus, dass ein einheitliches Orientierungssystem mit dem Kürzel EOS in Baden-Württenberg entwickelt wurde, was aber nicht den Umfang hatte, wie unser FLS.
Das erste Treffen fand im Polizeipräsidium des Main-Taunus-Kreises statt, wo alle Verantwortlichen von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr anwesend waren. Es war eine interessante Mischung, da jede Gruppe natürlich ihre eigene Vorstellung von einem Orientierungssystem hatte. Meine Aufgabe war es, alle Informationen zu sammeln und so schnell wie möglich einen Entwurf dafür zu liefern. Ein erster Vorschlag sollte schon nach wenigen Tagen präsentiert werden.
Farbdefinierung und Nummerierung
Für den ersten Vorschlag sollte das Schulgebäude in verschiedene Farbbereiche aufgeteilt werden. Denn beim ersten Konzeptgespräch wurde schnell klar, dass es wenig Sinn macht, einzelne „gefährdete Räume“ farblich zu kennzeichnen bzw. mit einer großen Raute zu versehen. Ganze Gebäudekomplexe sollten farblich gekennzeichnet werden. Uns war noch nicht bewusst, auf was wir uns da einließen.
Es war eine einfache Idee, doch die spätere Umsetzung gestaltete sich natürlich nicht so einfach, wie es zu Beginn den Anschein hatte. Uns war noch nicht bewusst, dass noch weitere Komponenten eine wichtige Rolle spielen würden. Nach dem ersten Gespräch war allen klar, dass wir ein Farbkonzept entwickeln müssen, dass felxibel ist und auf alle gängigen Gebäudestrukturen, ob Bestand oder Neubau, anwendbar ist.
So entschied der Präventionsrat und der Main-Taunus-Kreis eine Musterschule auszuwählen, an der wir unsere Ideen umsetzen und testen konnten. Es war die Weingartenschule in Kriftel, die als Musterschule dienen sollte. Pläne mussten schnell besorgt werden, da die Verantwortlichen uns nur rund vier Wochen Zeit gegeben hatten ein logisches und funktionales Leitsystem zu präsentieren. Die Farbbereiche waren schnell gewählt, da wir im Vorfeld uns für einfache und klare Farben entschieden, um in Notfällen keine Verwechslungen zuzulassen. Darüber hinaus definierten wir bereits zu diesem Zeitpunkt eine allgemeingültige Farbblume, die mit Komplementärfarben arbeitet, um auch komplexere Gebäudestrukturen farblich gliedern zu können.
Rechts vom Haupteingang war der rote Bereich und links vom Haupteingang der gelbe Bereich. Falls die Schule etwas größer war, wurde der hintere Bereich mit der Farbe Blau festgelegt. Somit konnten wir das Hauptgebäude in drei Bereiche gliedern. Bei AMOK und Notfällen könnte man die Bereiche somit schon sehr gut eingrenzen. Viele fragten uns im Nachhinein, warum wir denn rot und gelb im Eingangsbereich festgelegt hatten. Der Grund liegt darin, dass sehr viele Menschen leider eine Rot-/Grün-Blindheit haben und diese beiden Farben somit schwer unterscheiden können. Gerade in Gefahrenlagen wäre es fatal, wenn falsche Informationen weiter gegeben würden. Den besten Kontrast zeigen in diesem Fall die Farben rot und gelb. Das war für uns ausschlaggebend.
Die Farben waren somit schnell geklärt. Nachdem wir die Architektenpläne erhielten, übernahmen wir zunächst die vorhandene Nummerierung ohne weitere Überlegung. Naiv und ohne zu wissen, dass die Architekturnummern eigentlich nicht immer logisch bezeichnet wurden und der Orientierung eher hinderlich waren als nützlich.
Erst als alle Türmarker in der Schule angebracht waren und die ersten Begehungen stattfanden, wurde uns klar, dass dies so nicht funktionieren kann. Es musste eine logische Nummerierung her, die einfach umzusetzen ist und auch für Nicht-Ortskundige verständlich ist. Somit entschieden wir uns für das Perlenschnurprinzip, dass alle Türen im Flurbereich chronologisch nummeriert. Um Kosten zu sparen, ließen wir die ersten Türmarker an den Türen und überklebten einfach die alten Nummern mit den neuen. Funktionierte und kostete nicht viel, dank der Folientechnik.
Hier wird gut anschaulich, wie praxisnah die Entwicklung des FLS von Beginn an war: "Learning by doing" war hier immer das Prinzip, dadurch wurde eine schnelle Umsetzung erst möglich.